Abschied
Gehab dich wohl, alte Meinung
Ich lasse dich hier stehen
Du warst mir treu, als ich dich brauchte,
Doch jetzt muss ich weitergehen
Ich habe mich verändert
Neue Dinge gelernt
Menschen getroffen, die haben
Mir vom Leben erzählt
Vom Leben das mir bisher
Unbekannt war
Und das doch für viele
Alltäglich so geschah
Es tut mir leid, alte Meinung
Ich lasse dich zurück
Bei all der Erkenntnis
Kommst du leider nicht mehr mit
Ich bin sicher, du verstehst mich
Es geht einfach nicht mehr
Ich muss dich jetzt ablegen
Du wiegst mir zu schwer
Gemeinsam einsam
Wenn ich durch die vollen Straßen
Meiner Stadt spazieren geh
Seh ich Menschen, meist in Massen
Sich bewegen, manchmal stehen
Doch ich sehe sie nicht wirklich
Bin auf Anderes fixiert
Blicke diesen vielen Menschen
Ins Gesicht, unreflektiert
Ohne tatsächlich zu sehen
Wie sie sind, wer sie mal waren
Ohne wirklich wahrzunehmen
Was sie ausmacht, ihren Charme
Anonymität der Straße
Lässt Begegnung nicht entstehen
Und wenn ich Verbindung hatte
Beim nächsten Schritt ist sie passé
Also eile auch ich weiter
Um dem Ganzen zu entfliehen
Dabei wäre es gescheiter
Menschen ein Hallo zu schenken
Die wie ich darüber denken
Und uns dem Straßenhamsterrad
Für eine Weile zu entziehen
Konzert
Der letzte Ton verklungen
Das Publikum allein
Mit der hörbaren Stille
Die im Raum hängt
Bevor das Aufeinandertreffen
Zweier Handflächen
Den Zauber
Zerschlägt
Septemberabend
Die schöne Zeit auf dem Balkon
Geht unverhofft vorüber
Schon ist es kühl und auch der Ton
Der Stadt wird wieder ruhiger
Kein Abendplausch, kein Gartenfest,
Ist nah und fern zu hören
Die Nacht ist dunkel, lang und trist
Und ihre Absicht, still zu sein
Mag kaum noch jemand stören
Septemberabend, Herbstanfang
Ich weiß, dich zu genießen
Doch die belebten Nächte werd
Ich dennoch sehr vermissen.
Hinter tausend Wipfeln
Nie ist eine Stunde kostbarer
Als die, in der man einem Baum
Beim Wachsen zusieht
Nie ist ein Tag vergeudet,
An dem nichts geschieht
Als Sonnenaufgang
Sonneuntergang
Die Zeit steht nicht still in den Wäldern
Doch sie vergeht spurlos
Und ohne Reue
Hinter tausend Wipfeln
Sinkt die Sonne leiser hinab
Als hinter Wolkenkratzern
Gedichtband
Ein Gedicht
Band sich um meine Seele
Und es hielt
Die Sehnsucht in mir fest
Ein Zweites flog
Mir zärtlich auf die Schulter
Es sang von Hoffnung,
Liebe und dem Rest
Ein Drittes kam
Liebkoste meine Wange
Voll Schmerz und Trauer
Schenkte gleichwohl Trost
Und plötzlich sind
Um mich so viele Worte
Ich öffne ihnen
Himmelweit mein Herz
Ich lasse sie
Durch meine Pforte schreiten
Sie fügen sich
Ganz von allein zurecht.
Sie biegen sich,
Sie falten sich zusammen,
Bis ein Gedichtband
Aus dem Nichts entsteht.
Und ist er fertig,
Fliegen sie von dannen,
Sind hin und fort,
Vom Winde bald verweht.
Ende gut, alles gut
Es heißt doch immer,
Aller Anfang sei schwer
Doch warum habe ich dann
So viele Anfänge hier?
Die erste Reihe eines gestrickten Schals
Reihe zwei und drei strick ich gerne
Bei Reihe vier beginnt die Qual.
Die ersten Pinselstriche,
Weiße Leinwand wird grundiert
Doch Details sind mühsam
Weshalb weiter nichts passiert.
Die ersten Zeilen werden richtig gut
Doch nimmt die Geschichte ihren Lauf
Verlässt mich meist der Mut.
Durchhaltevermögen,
Das ist nicht so mein Ding
Lieber gebe ich mich immer wieder
Etwas Neuem hin.
Und was mache ich jetzt
Mit diesem Gedicht?
So richtig fertig
Wird es wohl auch wieder nicht.
Die Idee
Eine Idee, sie schlummert tief in mir
So tief, ich möchte sie nicht wecken
Stattdessen warte ich, bis sie von selbst erwacht
Um mit ihr tausend Dinge auszuhecken
Ob nun am Tage oder mitten in der Nacht
Ich weiß, wie viele Möglichkeiten in ihr stecken
Auf Zehenspitzen schleiche ich herum, ganz sacht
Ich möchte sie auf keinen Fall erschrecken
Ich kann nichts tun als einfach nur zu warten
Bis sie mich packt und ihr Geheimnis mit mir teilt
Drum setz ich mich gemütlich in den Garten
Mit der Geduld, die – hoffentlich
Bis zum Erwachen der Idee bei mir verweilt.
Utopie
In meiner Utopie
Ist Geld ein Wort der Nostalgie.
Wisst ihr noch, damals,
Als Geld der Lohn für Arbeit war?
Waren das noch Zeiten,
Voller Angst und Sorge
Unser aller Schicksal unklar.
In meiner Utopie
Hat die Menschheit
Die nächste Stufe erreicht.
Das Leben ist fantastisch,
Fabelhaft und federleicht.
Wir genießen den Wohlstand
Doch niemand ist mehr superreich
Teilen ist Usus
Es verdienen alle gleich.
In meiner Utopie
Gibt es keinen Wettkampf, keine Sieger.
Wo niemand siegt, das sagt die Logik
Steht am Ende kein Verlierer,
Niemand, der auf der Strecke bleibt.
In meiner Utopie
Hat das Gute Überhand.
Der Mensch ist voller Liebe
Und nutzt endlich seinen Verstand.
In meiner Utopie
Ist genug für alle da.
Niemand nimmt, was er nicht braucht,
Ressourcenverschwendung war einmal.
Meine Utopie
Ist ein Traum, das ist mir klar,
Aber träumen ist doch herrlich
Und wer weiß,
Vielleicht wird meine Utopie
Eines Tages doch noch wahr.
Fruchtbarer Boden
Die Saat des Krieges
Schlägt auf friedlichem Boden
So unerbittlich ein
Wie auf jedem anderen
Die Saat des Friedens
Gedeiht auf kriegerischem Boden
Langsamer
Als auf jedem anderen
Letztlich entscheidet der Mensch
Wie er seinen Boden
Beackern möchte
Die alte Häuserzeile
Eine alte Häuserzeile
Stand vor mir in Reih und Glied
Ich stand davor, sie zu betrachten
Und das tat ich eine Weile
Da wurd mir klar, was sie verschwieg.
Wer lebte hier in dieser Meile,
Wessen Haus und Hof war dies?
Sie wird es einfach nicht verraten
Wie ich auch an der Frage feile
Wer ihr einst und ohne Eile
Stein auf Stein in Mörtel trieb
Sie zum Haus, zum Wohnort machte
Wer in ihr lachte, mit ihr weinte
Bis er den Ort wieder verließ.
Es schwieg die hübsche Häuserzeile
Weshalb mir nicht viel übrig blieb
Als mich auf den Weg zu machen
Wohin auch meine Füße eilen
Die Richtung ist noch ungewiss.
Schmuddelwetter
Draußen tobt das Wetter wahrlich
Gar nicht mal so wohlbehaglich
Wie es von hier drinnen schien
Der Schirm kaum auf, ist er verloren
Ihn hat der Wind emporgehoben
Und wird ihn wohl von dannen ziehn.
Das Nass erwischt die kleinste Lücke
Die zwischen Schal und dicker Mütze
Ein Stückchen Haut erahnen ließ.
Der Fuß tritt mutig in die Pfütze
Und zuckt zurück, oh welche Tücke
Tiefer als gedacht, wie fies.
Kälte dringt in alle Knochen
Kommt durch dicksten Pelz gekrochen
Als hätte sie kein andres Ziel.
Ich drehe um und geh nach Hause
Freu mich auf die heiße Brause
Das Schmuddelwetter ist zu viel.
Was wollte ich denn auch hier draußen
Konnte die frische Luft gebrauchen
Natur, die ist ja ach so toll!
Das ist sie, wenn man sie gemütlich
Vom Sofa sieht und dabei glücklich
In dicken Socken Kaffee trinkt
Und ihr mit warmem Herzen winkt
Dann ist sie wirklich wundervoll.